"Vom guten Alten das Beste erhalten, Kameradschaft pflegen, den Herrgott ehren, das ist der Sinn der Bürgerwehren."

(Oberst Otto Leimer)

Die Geschichte der Bürgerwache Saulgau 1239 e.V.

Seit 1239  eng verbunden mit der Geschichte der Stadt Bad Saulgau ist auch deren wehrhaftes Bürgertum.

Dieses lebt bis in die heutige Zeit weiter in der Bürgerwache Saulgau. Seit die Bewohner Saulgaus in einer Schussenrieder Urkunde von 1239 Als "civibus de Sulgen" (Bürger von Saulgau) benannt wurden kann davon Ausgegangen werden, dass die damaligen und alle nachfolgenden Bewohner der Stadt ihr Gemeinwesen nach außen verteidigten und im Inneren für Ordnungs sorgten. Bürger im engeren Sinne gab es früher nur in Burgen - so beweist es eine Urkunde vom Jahre 1249,  die " in burgo Sulgen", der ummauerten Stadt ausgestellt wurde.

In dieser Zeit waren die Stadtbürger verpflichtet, einen Harnisch und einen Spieß zu besitzen. Ursprünglich wohl dazu gedacht, die Stadt im Konfliktfalle zu verteidigen, musste die Saulgauer Bürgermiliz auf Befehl der Landesherren aber auch auswärts Waffendienst leisten.

1299 wird Saulgau eine der 5 vorderösterreichischen Donaustädte. Am 26. Mai 1806 wird Saulgau württembergisch - nach über 500 Jahren Zugehörigkeit zum Lande Österreich.

Einst war die Bürgerwache eine dem Schutz von Leben und Gut dienende wehrhafte Gemeinschaft der Bürger.

Die heutigen Aufgaben der Bürger im Bunten Rock haben sich von Wehrhaftigkeit auf Repräsentation und Kameradschaft verlagert. Das Bataillon gibt bei kirchlichen und weltlichen Anlässen den Feierlichkeiten eine besondere, festliche und heimatliche Note. Staatsempfänge der Landesregierung sowie sonstige wichtige Veranstaltungen der Stadt Bad Saulgau und des Landkreises Sigmaringen werden durch die Bürgerwache begleitet.

Heute besteht das Bürgerwachbataillon aus Spielmannszug, Musikkorps (Stadtmusik Bad Saulgau) und Kompanie mit zwei Fahnen und zwei Zügen (Infanterie) in einer Stärke von ca. 130 Mann. Die Uniform von 1884 (endgültige Erneuerung) ist angelehnt an das damalige Linienmiliär. Die Kopfbedeckung ist ein Lederhelm („Pickelhaube“) mit goldenen Beschlägen, dem Stadatwppen als Wappenschild und goldener Schuppenkette sowie einem weißen Rosshaar-Helmbusch. Der Waffenrock ist zweireihig geschlossen in dunkelgrün mit hellgrünen Aufschlägen. Die Tuchhose ist grau mit grünem Streifen (grün paspeliert). Die Kompanie ist bewaffnet mit einem „Schweizer Ordonanzgewehr“ und Bajonett (dieses wird niemals aufgepflanzt).

Das Bataillon steht seit 1993 unter dem Kommando von Hauptmann Frank Riegger.

Gesamtes Bataillon: Kommando Hauptmann Frank Riegger
Spielmannszug: Stabführung Tambourmajor Feldwebel Manfred Maier
Musikkorps: Stabführung Musikdirektor Leutnant Stefan Leja

Geschichte - ausführliche Fassung

Teil 1 - Das wehrhafte Bürgertum

Eng verbunden mit der Geschichte der Stadt Bad Saulgau ist auch das wehrhafte Bürgertum der Stadt. Dieses lebt bis in die heutige Zeit weiter in der Bürgerwache Saulgau. Seit die Bewohner Saulgaus in einer Schussenrieder Urkunde von 1239 Als "civibus de Sulgen" (Bürger von Saulgau) benannt wurden kann davon Ausgegangen werden, dass die damaligen und alle nachfolgenden Bewohner der Stadt ihr Gemeinwesen nach außen verteidigten und im Inneren für Ordnung sorgten. Bürger im engeren Sinne gab es früher nur in Burgen - so beweist es eine Urkunde vom Jahre 1249,  die " in burgo Sulgen", der ummauerten Stadt ausgestellt wurde.

In dieser Zeit waren die Stadtbürger verpflichtet, einen Harnisch und einen Spieß zu besitzen. Ursprünglich wohl dazu gedacht, die Stadt im Konfliktfalle zu verteidigen, musste die Saulgauer Bürgermiliz auf Befehl der Landesherren aber auch auswärts Waffendienst leisten.

Seit 1299 gehörte Saulgau zu Österreich. Landesfürst Friedrich der schöne stritt mit Ludwig dem Bayer um die deutsche Kaiserkrone. In einer Urkunde von 1320 erfährt man erstmals von einem Saulgauer Aufgebot, das zusammen mit den Einheiten anderer Städte die Stadt Speyer belagerte.

Im Jahre 1386 wurde Saulgau von Österreich an die Truchsessen von Waldburg der Linie Friedberg-Scheer verpfändet und in der Folge bald von dem Einem, bald von dem Anderen in Anspruch genommen. Im Städtekrieg von 1450 verlangt Herzog Albrecht, der Trucheß Jakop sollte ihm mit den Städten Riedlingen und Sulgen dienen.

1471 beklagt sich Trucheß Eberhard beim Hofgericht in Rottweil über die Saulgauer, dass sie mit aufgeworfenem Stadtbanner in sein Gebiet eingerückt seien und Leute gefangen haben. Die damalige Bürgerwehr verfügte also schon über ein eigenes Banner.

1489 verlangt der Truchseß Hilfe von Sulgen durch Zusendung reisiger Knechte. Die fünf Donaustädte Saulgau, Riedlingen, Mengen, Munderkingen und Waldsee stellten im Jahre 1508 an Österreich 200 Knechte.

Am Montag vor Martini 1514 regelt eine Ordnung die Aufnahme eines neuen " Bürgers " in das "Burgrecht ". Ihm wurde vom Rat vorgeschrieben, was er an Waffen zu beschaffen habe und wurde einer Abteilung der Bürgerwehr zugestellt.

Die entsprechende Bestimmung lautet: "So man ihn uffnimmt, soll er haben seinen Harnisch, namlich einen Ruckenkreps und einen Spieß". Später wurde dann noch ein " Sturmhut " dazuverlangt.

Der Truchseß Wilhelm verlangte 1524 von den Donaustädten 28 Mann, Österreich 100 Mann für den Krieg mit Württemberg und zur Besetzung des Landes nach der Vertreibung des Herzog Ulrich. Um die Zeit von 1535 wurden bei der Bürgerwehr Feuerwaffen eingeführt. Die Wehr gliederte sich in Armbrust- und Büchsenschützen. Die letzteren erhalten für 25 Pfund 15 Schilling Tuch für Uniformen.

1538 wurde von den Bürgern verlangt, einen Spieß oder eine Hacken(-büchs) anzuschaffen. Die Büchsenschützen erhielten 1553 von der Stadtkasse 6 fl Beitrag zwecks Beschaffung einer Fahne oder Standarte. Auch 210 Pfund Pulver wurden aus Konstanz bezogen, was auch auf Vorhandensein einiger Kanonen schließen lässt. 1617 wurde die Bürgerschaft aufgefordert, nach Gutachten eines ehrsamen Rates sich mit auferlegten Wehren und Harnisch zu versehen.

Als erste Auswirkung des 30jährigen Krieges kommt 1622 ein Schreiben des Truchsessen von Scheer nach Saulgau, in welchem er 6 Mann forderte, die wohl ausstaffiert und mit Sold versehen sein sollten. In den Ratsprotokollen von 1630 kann man lesen:

"Auch ist durch den Rat einer ehrbaren Gesellschaft der Büchsenschützen Ausschluss untertäniges Bitten bewilligt, dass fürderhin erst verheiratet, 4 Jahr lang zu schießen verbunden sein soll. Hierzu sollen auch die Moosheimer und Wolfartsweiler mit einstehen."

Im Jahre 1632 kamen die Schweden in die Gegend von Saulgau. Die Stadt stellte sich unter schwedischen Schutz. Als aber plündernd umherziehende Schweden in die Nähe kamen, machte die Bürgerwehr einen Ausfall gegen sie, nahm 5 Mann gefangen und setzte die Stadt in Verteidigungsbereitschaft. Die Chronik meldet weiter:

"Feindliche Soldaten überstiegen trotz Gegenwehr der Bewohner die Mauern, verbrannten teils die Stadttore; teils wurden dieselben eingehauen. An die 50 Personen verwundet, 19 tot, zumal wider jedem Kriegsgebrauch Weiber und Kinder nicht verschont, sodann das Städtlein ausgeplündert und großer Schaden getan."

1641 kommen feindliche Soldaten in die Vorstadt; die Saulgauer beschlossen, trotz Drohung des Korporals, keinen hereinzulassen, sondern Wachen wohl zu bestellen, zu stärken und die feindlichen Soldaten am Handanlegen zu hindern.
Am 11. November 1642 plünderten feindliche Reiter das Gotteshaus in Sießen.

Daher sind die Rotten wiederum zu erneuern und die Wachen dergestalt angestellt worden, dass täglich um 4 Uhr die Wacht und eine ganze Rotte aufziehen sollten. 1660 wird von jedem neuen Bürger die Anschaffung einer Ober- und Unterwehr gefordert. Der Bürgerschaft wird 1662 mitgeteilt, daß der Oberwachtmeister Gründtfeld als amtlicher "Trillmeister" abgedankt habe, den Städten aber aufgetragen wird, dass jede einen Tauglichen aus ihren Bürgern für einen "Trillmeister" erwählen soll, welcher alsdann 4mal im Jahre exerzieren solle. Deswegen sollen diejenigen Bürger, so über 24 bis 45 Jahr alt sind, sich mit tauglicher Ober- und Unterwehr versehen.

Waldsee fragte 1669 wegen Gestellung von Mannschaften an; die löbliche Bürgerschaft erklärt: "50 Mann uff die Fueß Gewehrte" zu stellen. Am 5. April 1673 kommt ein Befehl der Hofkammer zur Bewehrung, Musterung und Exerzierung der Bürger.

Am 14. August gerieten Schützen unter ihrem Führer Ignaz Schuhmacher im Wirtshaus mit den hier im Quartier liegenden lothringischen Reitern in blutige Händel, deren Ausgang und Folgen nicht klar sind. Die Schützen verrieten einander nicht und kamen alle ins Gefängnis.

Erstmals im Jahre 1674 wurde im Ratsprotokoll ein Trommler erwähnt. Es musste aus der neu geordneten Bürgerwehr eine Mannschaft samt Trommler mit Hauptmann Boner in neuer Uniform und Hut zu Musterung nach Riedlingen geschickt werden. Leider ist diese Uniform nicht näher beschrieben. Neuuniformierungen und Monturänderungen zogen sich durch alle Jahrhunderte hindurch.

Der neue buchauische Amtmann Schöffler musste 1678 geloben:

"Zu Kriegszeiten im Harnisch auf der Ringmauer stehend wie ein anderer Bürger sich gebrauchen zu lassen."

Erstmals wurde 1747 über eine Reiterei gesprochen - diese war aber bestimmt schon früher in irgendeiner Form existent.

1749 mussten 30 Mann der Bürgerwehr und 2 Stadträte an einer allgemeinen Streife teilnehmen, "um das überhäufig herum vagierende Jauner- und herrenlose Gesindel auszurotten", während ein Korporal mit 8 Man die Tore zu bewachen hatte.

Am 26. Mai 1806 wird Saulgau württembergisch - nach über 500 Jahren Zugehörigkeit zum Lande Österreich.

Unter König Friedrich I. von Württemberg wurde 1809 ein allgemeines Waffenverbot im Lande erlassen. Sein Nachfolger, Wilhelm I., lockerte dieses Verbot.

Ab 1819 wurde die Volksbewaffnung wieder offiziell zugelassen:
Wehrfähige Männer im Alter zwischen 21 und 50 Jahren sollten in den Bürgerwehren dem Schutze der Verfassung dienen.

1823 als "Bürger-Militär" durch Hauptmann Stützle, Stadtrat und Metzgermeister, neu formiert. An Ausrüstung und Ausstattung sind nun erstmals urkundlich erwähnt:

Muskete mit Bajonett, Säbel, Patronentasche, grüne Jacke mit roten Aufschlägen, schwarzer Tschako mit weißen Schnüren und weiße, weite Beinkleider.

1848 wird im Zuge der Freiheitsbewegung ein Freicorps gebildet, das dem Saulgauer Bürgerwehrbataillon unterstellt wird und bald über eine, von Saulgauer Mädchen gestiftete, Fahne verfügt (Fahne ist heute im Rathaus zu besichtigen). Das Bürgerwehrbataillon erreicht 1849 eine absolute Stärke:

2 Musketierkompanien, 1 Schützenkompanie, 1 Freicorps und 1 Reiterei - rund 400 Mann stark, bei einer Einwohnerzahl von ca. 2.500 Menschen.

Teil 2 - Das wehrhafte Bürgertum lebt in der Bürgerwache weiter

In der Bürgerwachsatzung vom 25.Juli 1857 wird folgende Uniformierung festgelegt:
Kaskett als Kopfbedeckung mit gelbem Panzerband und grünem Busch, dunkelgrüner Waffenrock mit gelben Knöpfen und hellgrünen Aufschlägen und Kragen, sowie dunkelgrüne Achselklappen. Hose grau mit Streifen grün pasboliert, Muskete mit Bajonett.

Am 29. Mai 1859 findet die Fahnenweihe statt. Obwohl Saulgau mittlerweile württembergisch war, wurde bei den Feierlichkeiten auch die österreichische Nationalhymne gespielt.

1863 traten 24 Mann der Infanterie bei - sie zählte jetzt 100 Mann. Im Jahr darauf rückte die Bürgerwache mit Musik zum Blutfreitag nach Weingarten aus. Am 29. Mai 1882 wurde unter Hauptmann Hoch die Bürgerwache wieder neu formiert und rückte 1884 mit dem "Helm" aus, der heute noch zur Uniform gehört (Pickelhaube mit Spitz und Helmstange mit weißem Roßhaarbusch, je nach Anlass getragen).

1913 fand in Saulgau ein großes Bürgerwachjubiläum unter der Beteiligung der noch im Lande bestehenden Bürgerwehren statt. 1914 nahm die Bürgerwache beim Landestreffen in Rottenburg teil und im selben Jahr paradierte die Bürgerwache vor I.K.H. Königin Charlotte von Württemberg in Saulgau.

Der zweite Weltkrieg trifft die Bürgerwache hart, aber 1949 rücken die Bürger im bunten Rock unter Hauptmann Kerner bereits zu Fronleichnam und Sankt Johanni wieder aus.

Den Wiederaufbau des Spielmannszuges nach dem Krieg nahmen Leutnant Friedrich Karl Riegger (†1969) und Unteroffizier Karl-Heinz Schad (†2017), später Ehrenoberleutnant, in ihre geschickten Hände. Aus einem Nichts heraus und mit gewaltigen Problemen wurde der Grundstock für den heutigen Spielmannszug gelegt.

Bereits schon 1956 begeht die Bürgerwache ihr 700jähriges Jubiläum.
32 Bürgerwehren und Garden mit ihren Musikzügen, Spielmanns- und Fanfarenzügen, Trompetercorps und Trachtengruppen, marschierten anlässlich des großen  Landestreffens in Saulgau auf. Dieses Treffen – übrigens im Fernsehen darüber berichtet - war eine großartige, organisatorische Meisterleistung vom damaligen Leutnant Friedrich Karl Riegger.

1957 beendet Hauptmann Kerner seinen aktiven Dienst und wird Ehrenkommandant. Leutnant Friedrich Karl Riegger übernimmt vorläufig die Führung des Bataillons. Sein Bruder, Adolf Riegger, tritt dessen Nachfolge an und wird 1958 Hauptmann und Kommandant.

Eine enge Freundschaft über die Grenzen hinaus wird 1960 zwischen der Bürgerwache Saulgau und der Schützengarde Himmelberg (Kärnten) geboren. Diese Kameradschaft über Generationen besteht bis heute und wird das ganze Jahr über gepflegt.

1963 vollzieht sich das große Spielmannszugtreffen des Landesverbandes mit Teilnehmern aus anderen Landesverbänden und auch mit NATO-Streitkräften.

Die Wehrmänner bauten sich mit Eigenleistung im Jahr 1969 ihr Bürgerwachheim.

Eine neue Bataillonsfahne wurde 1982 durch Feldkurat Paul Reck geweiht. Sie wurde in der Benediktinerinnenabtei Habstal künstlerisch gefertigt und zusammen mit der Patenwehr Mengen, verschiedenen Abordnungen und hohen Ehrengästen festlich in den Dienst gebracht.

Adolf Riegger beendete seinen aktiven Dienst am 31. Mai 1983 nach 25 Jahren als Hauptmann und Kommandant der Bürgerwache Saulgau. Er erhält für seine großen Leistungen und Verdienste den Großen Zapfenstreich von seinem Bataillon zelebriert. Er wird seines Engagements wegen zum Ehrenkommandant ernannt. Die Verabschiedung war anschließend im städtischen Festsaal mit Gästen aus Politik, Wirtschaft und Kirche.

Am gleichen Tag übernimmt Hauptmann Alexander Hauser das Bataillon, das er bis in den März 1993 führt. Nach 10 Jahren treuen Dienstes um die Bürgerwache beendet er seinen Dienst und wird zum Ehrenmitglied ernannt.
Als ein Höhepunkt in der Vereinsgeschichte gilt zweifellos 1989 die Parade im alten Schloss in Stuttgart zum Staatsempfang des damaligen sowjetischen Staatspräsidenten Michail Gorbatschow.
Als weitere Gala folgte 1992 der Große Zapfenstreich im Schlosshof zu Ludwigsburg zum Empfang von König und Königin von Malaysia.

Am 19.März 1993 wird in der Korpsversammlung Frank Riegger zum neuen Hauptmann gewählt und übernimmt als Kommandant die Führung des Saulgauer Bürgerwachbataillons.

War einst die Bürgerwehr eine dem Bürgerschutz und dem Gut dienende, wehrhafte Gemeinschaft der Stadt, so sind heute die wehrhaften Einsätze glücklicherweise vorbei und die Aufgaben der Bürger im bunten Rock haben sich auf Repräsentation und Kameradschaft verlagert.

Zum 100. Geburtstag des Schriftstellers Ernst Jünger, am 29. März 1995, stellte die Bürgerwache, im Auftrag der Stadt, das Ehrenbataillon. Als Gäste waren Bundespräsident Roman Herzog, Bundeskanzler Dr. Helmut Kohl, Ministerpräsident Erwin Teufel, Vertreter der französischen Regierung, Personen aus Wirtschaft, Kultur und Politik anwesend.

Wie sich die Aufgabe der Bürgerwache verändert hat, so hat sich auch die Stadt weiter entwickelt. Seit dem 1. Januar 2000 ist aus Saulgau die Stadt Bad Saulgau geworden. Bad Saulgau mittlerweile ca. 17250 Einwohner, ist untere Verwaltungsbehörde und größte Stadt im Landkreis Sigmaringen. Die Stadt lebt von der Industrie, dem Fremdenverkehr und dem Tourismus. Die Kur- und Badstadt ist ein staatlich anerkannter Kurort und Heilbad mit Heilquellenbetrieb.

Bürgermeister Günter Strigl wurde von der Bürgerwache im Februar 2000 mit dem großen Zapfenstreich verabschiedet und sein Nachfolger, Bürgermeister Johannes Häfele, mit einer Abendserenade begrüßt.

Als Highlight des Jahres 2000 veranstaltete die Bürgerwache Saulgau, zusammen mit der Stadtgarde zu Pferd Saulgau, das 38. Landestreffen historischer Garden und Wehren am 15. und 16. Juli zusammen mit dem Bächtlefest, dem großen Heimatfest der Stadt. Es waren 31 Wehren und Garden aus dem Landesverband, sowie Gäste aus anderen Verbänden, Österreich, Südtirol und aus der Europäischen Union wehrhistorischer Gruppen zu diesem Landestreffen in Bad Saulgau.

Am 19.12.2007 wurde Frau Bürgermeisterin Doris Schröter zur Amtseinführung vor dem Stadtforum in Bad Saulgau mit Abschreiten der Front und einer Serenade begrüßt.

Ganz besonders eng verbunden ist die Bürgerwache mit dem Haus Württemberg, wo bei Freud und Leid auf feierliche Art der königlichen Familie seit vielen Jahrzehnten die Referenz erwiesen wird wie z.B. Begräbnissen, Verlobungen, Hochzeiten, Geburtstagen, Jubiläen und wichtigen Empfängen des Hauses Württemberg.

Das heutige Bürgerwachbataillon besteht aus Spielmannszug, Musikkorps (Stadtmusik Bad Saulgau) und Kompanie (2 Züge) in einer Ausrückstärke von ca. 150 Mann. Die Bürgerwache trägt heute Uniformen, die angelehnt sind an das damalige Linienmilitär. Die Kopfbedeckung ist ein Lederhelm mit goldenen Beschlägen (Pickelhaube), dem Stadtwappen als Wappenschild und goldener Schuppenkette, sowie einem weißen Roßhaar-Helmbusch. Der Waffenrock ist zweireihig geschlossen in der Farbe dunkelgrün mit hellgrünen Aufschlägen. Die Tuchhose ist grau mit grün pasbolierten Streifen. Die Kompanie ist „bewaffnet“ mit einem schweizer Ordonanzgewehr und Bajonett.

Diese Gemeinschaft von Bürgern aus Bad Saulgau, welche die Tradition des historischen, wehrhaften Bürgertums weitertragen, hat sich nun andere Aufgaben gegeben.

So gibt das Bataillon bei kirchlichen und weltlichen Anlässen den Feierlichkeiten eine besondere, festliche und heimatliche Note. Staatsempfänge der Landesregierung, sowie sonstige wichtige Veranstaltungen werden durch die Bürgerwache begleitet. In der Kur- und Badstadt Bad Saulgau hat diese Tradition nach wie vor feste Wurzeln und ist auch aus dem modernen Alltag nicht mehr wegzudenken.

Die Bürgerwache dient der Förderung heimatlichen Kulturgutes und der Bürgertradition. Zusammen mit der Stadtgarde zu Pferd ist sie Repräsentant Bad Saulgauer Bürgertums über die Stadt- und Landesgrenzen hinaus.

Auch die Jugendarbeit ist eine Aufgabe, der sich die Bürgerwache stellt. So wird heute der Jugendspielmannszug von Spielleuten der Bürgerwache ausgebildet. Die Spielleute, Buben und Mädchen sind zwischen 7 und 15 Jahren alt. Es bedeutet viel Arbeit,  die Kinder "bei der Stange zu halten", aber die ständigen Aktivitäten beweisen es mit einem Probenbesuch von über 88 Prozent. Diese junge Truppe rückt zu verschiedene Anlässen aus. Sie tragen eine Saulgauer Tracht und wirken auch bei den Aktivitäten des Heimat- und Trachtenvereins wie auch an der Bad Saulgauer Brauchtumsfasnet mit.

Teil 3 - Wehrhaftes Bürgertum in der Bürgerwache Saulgau - Aufgaben in der Moderne

Begleitung kirchlicher und weltlicher Feste:

Repräsentationsaufgaben für die Stadt Bad Saulgau
(auch im Rahmen von Stadtmarketing für die Kur- und Badstadt)

  • Fronleichnam mit Ehrensalut und Prozessionsbegleitung
  • Kirchenpatrozinium Sankt Johanni mit Großem Zapfenstreich und Jahresfest von Bürgerwache und Stadtgarde
  • Bächtlefest - Abschluss des historischen Festzugteiles und auch gelegentliche Gestaltung  des Senenadenabends
  • Ausrücken zu besonderen Anlässen für die Stadt wie z.B. 100ster Geburtstag Ernst Jünger, Innenministerkonferenz, Jahrgängerfeste usw.
  • Ehrenformation zur Feierstunde am Volkstrauertag
  • Musikalische Begleitung der Bad Saulgauer Brauchtumsfasnet durch beide Spielmannszüge der Bürgerwache
  • Musikalische Begleitung des Heimat- und Trachtenvereines durch den Jugendspielmannszug der Bürgerwache in Bad Saulgau und auswärts
  • Ausrücken zu besonderen Anlässen des Hauses Württemberg bei Hochzeiten, Empfängen usw.
  • Ausrücken zu Staatsempfängen wie: Gorbatschow, König von Malaysia, Königin Silvia von Schweden....
  • Verabschiedung des 7. US-Corps nach 40 Jahren in Stuttgart
  • Heimattage Baden-Württemberg
  • Landestreffen der Wehren und Garden
  • Peter- und Paul in Bretten
  • Landestreffen der Österreichischen Wehren und Garden in Kärnten
  • Städtepartnerschaft Himmelberg - Bad Saulgau
  • Ausrücken in Europa für die UEWHG

Auszug aus verschiedenen Veranstaltungen                     

1989: Parade im neuen Schloss in Stuttgart zum Staatsempfang des damaligen sowjetischen Staatspräsidenten Michail Gorbatschow

1992: Der Große Zapfenstreich im Schlosshof zu Ludwigsburg zum Empfang von König und Königin von Malaysia

1992: Verabschiedung des 7. US-Corps in Stuttgart zusammen mit dem Landesverband

1993: Der Große Zapfenstreich anlässlich des 20-jährigen Jubiläums des neu gegliederten Landkreises Sigmaringen zusammen mit allen Wehren und Garden des Kreises – Ausführung und Kommando Bürgerwache Saulgau

1994: Besuch der "Königlichen Leibdragoner" aus Stockholm in Saulgau bei der Stadtgarde zu Pferd

1995: 100. Geburtstag von Ernst Jünger mit Bundespräsident, Bundeskanzler, Ministerpräsident, französische Politikprominenz usw. in Bad Saulgau

2002: Der Große Zapfenstreich anlässlich 350. Jubiläum der Stadtgarde Stuttgart zusammen mit  50 Jahre Baden-Württemberg im neuen Schloss in Stuttgart

2004: Der Große Zapfensreich für SKH Carl Herzog von Württemberg anlässlich Verabschiedung als Sponsor von „20 Jahre German Masters“ in Stuttgart

2004: Der Große Zapfenstreich anlässlich des Landestreffen der Bayerischen    Wehren und Garden in Störnstein (Oberpfalz)

2008: Der Große Zapfenstreich anlässlich 200 Jahre Fürstenkongress in Erfurt sowie verschiedene Aufmärsche und Präsentationen in Erfurt

2009: Der Große Zapfenstreich in Ostrach anlässlich 210 Jahre Schlacht um Ostrach

2009: Feierliche Abendserenade im Schloss in Friedrichshafen anlässlich des Quint Chod Meeting 2009 der NATO-Generalstabschefs auf Einladung des Generalinspekteurs der Bundeswehr General Wolfgang Schneiderhan

2011: Der Große Zapfenstreich anlässlich des Festungsfestes in Germersheim

2011: Der Große Zapfenstreich anlässlich der Jubiläumsfeier der Bürgerwehr

2013: Der Große Zapfenstreich anlässlich des Festungsfestes in Germersheim

Der große Zapfenstreich

Über die Entstehung des Zapfenstreiches gibt es verschiedene Erklärungen, über deren Richtigkeit sich die Forscher nicht ganz einig sind. Einer davon sagt, das Wort „Zapfenstreich“ sei hergeleitet von dem Tannenzapfen, der Früher als Zeichen der Gastwirtschaften am Hause hing und abends „gestrichen“, d. h. abgenommen werden musste zum Zeichen der Schankruhe. Wahrscheinlicher ist die Erklärung, dass zu den Zeiten der Landsknechte in den Marketendereien der Zapfen (Spund) zum Zeichen der Abendruhe in das Fass geschlagen wurde. Hierzu hatte der Hornist ein Signal zu blasen, das dann später von den verschiedenen Truppenteilen übernommen wurde. Aus diesem Signalblasen hat sich der sog. „Kleine Zapfenstreich“ entwickelt.

Die neuere Deutung des Wortes „Zapfenstreich“ beruft sich mehr auf die Deutung des Wortes „Streich“ = Schlag, also den Trommelstreich. In alten Reglements werden Trommelmärsche, z. B. der Trauermarsch als „Totenstreich“, zum Kirchgang als „Kirchenstreich“, oder das Signal bei Feueralarm als „Feuerstreich“ bezeichnet. So erklärt sich die Bezeichnung „Zapfenstreich“ für das Trommelsignal zum Einschlagen des Zapfens ins Fass, besonders wenn man berücksichtigt, dass die Trommel bei den Fußtruppen bedeutend früher ihren festen Platz hatte als etwa das Horn, das einst den Reitern und sogar zeitweise nur einer Trompeterzunft vorbehalten war.

In Preußen: nach der großen Schlacht von Großgörschen am 2. Mai 1813. Ein ehemaliger Stabsmusikmeister berichtete, dass König Friedrich Willhelm III. v. Preußen am Abend der Schlacht von Großgörschen, mit dem Zaren Alexander I. v. Russland den russischen Zapfenstreich hörte, der den König so ergriffen habe, dass er die Einführung in die preußische Armee befahl. Für das Gebet wurde der Choral „Ich bete an die Macht der Liebe“ mit dem 4. Vers „Für dich sei ganz mein Herz und Leben“ in der Vertonung von Dimitri Bortiansky zugrunde gelegt. Nach der Verfügung des Oberkommandos der Wehrmacht vom 15. Juli 1944 trat an Stelle des Chorals das Lied „Die Himmel rühmen“ von Ludwig van Beethoven. Die Auffassung, dass das „Niederländische Dankgebet“ zum „Großen Zapfenstreich gehöre, trifft nicht zu. Im Jahre 1835, bei der Parade von Kalisch, wurde der „Große Zapfenstreich“ von etwa 4000 Musikern und Sängern der preußischen und russischen Truppenteile vorgetragen.

In der zaristischen Armee, die den Anlass zur Einführung des „Großen Zapfenstreiches“ in Preußen gab, bestand die Sitte, dass der wachhabende Unteroffizier beim Zapfenstreich „stillgestanden“ kommandierte und laut das „Vaterunser“ betete, während die Kopfbedeckung abgenommen wurde. Bei den Kosaken wurde das „Vaterunser“ beim gleichen Anlass meist gemeinsam gesungen. Der „Große Zapfenstreich“ hat also vorwiegend religiösen Charakter, gewissermaßen als „Abendgebet des Soldaten“. Auch die Ordre des Königs geht davon aus, wenn sie u. a. sagt: „... und es mein Wille ist, dass meine Truppen auch in Hinsicht auf die Gottesverehrung keiner anderen Macht nachstehen sollen“. Später tauchte der Gedanke auf, den „Großen Zapfenstreich“ als Abschluss von militärischen Großkonzerten zu spielen. Diesen Gedanken setzte der kgl. Musikdirektor aller preußischen Gardemusikkorps, Wilh. Fr. Wieprecht (1808 bis 1872) in die Tat um. Mit 16 Infanterie-Musikkorps, 18 Kavallerie-Trompeterkorps sowie 200 Spielleuten spielte Wieprecht 1838 in Berlin im Beisein von König Friedrich Wilhelm III. und Zar Nikolaus I. den „Preußischen Großen Zapfenstreich“.

Abgesehen davon, dass auch andere Nationen ihren eigenen Zapfenstreich haben, gab es in einzelnen deutschen Staaten besondere Zapfenstreiche. Einer der ältesten und noch bekannten ist der Zapfenstreich des Schwäbischen Kreises aus dem Jahre 1700. Auch der „Alte Zapfenstreich der k. u. k. Armee“ stammt aus dieser Zeit, möglicherweise wurde er schon im 30-jährigen Krieg gespielt. Interessant dürfte sein, dass auch Beethoven und C. M. v. Weber (für Sachsen) Zapfenstreiche komponierten. Der „Bayrische Große Zapfenstreich“ beispielsweise, wird z. T. heute noch gespielt. Auch das kleine Ländchen Hohenzollern hatte einen eigenen „Großen Zapfenstreich“, der aber leider verloren ging. Sogar manche Regimenter hatten früher eigene Zapfenstreichsignale, die dann alle im Zuge der Vereinheitlichung verschwanden.
Die Tradition wurde bis zum Ende des zweiten Weltkrieges fortgeführt und lebte dann auch wieder bei der neuen Bundeswehr wieder auf. Erstmals nach Kriegsende wurde bei der Übernahme von Grenzjägern in Bonn der „Große Zapfenstreich“ von der Bundeswehr wieder aufgeführt.

Text: Ralf Riegger